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Als sich am 15. April 1894 in der Meyerschen Gastwirtschaft (später „Prinz Wilhelm“) in der Bismarckstraße  90 Mitglieder zur konstituierenden Sitzung des Evangelischen Arbeitervereins Bad Gandersheim zusammenfanden, ahnten sie sicherlich nicht, dass der Verein am 15. April 2014 mit immer noch 45 Mitgliedern in Bad Gandersheim das 120-jähriges Jubiläum begehen würden.

Infolge der industriellen Entwicklung entstand Ende des 19. Jahrhunderts eine neue gesellschaftliche Gruppe, aus der die Arbeitervereine hervorgingen. Neben den „Allgemeinen deutschen Arbeitervereinen“ (einer Vorläuferbewegung der Sozialdemokratie) entstanden die Evangelischen Arbeitervereine , die eine Nähe zur Kirche betonten und bürgerlichen Idealen nachstrebten. Sie setzten sich für ein Zusammenwirken der verschiedenen Gesellschaftsklassen ein und standen auch für die Schaffung von guten und billigen Arbeiterwohnungen.

Wohl auch aus diesem Grund erwarb der auf nunmehr bis zu 156 Mitglieder zählende Evangelische Arbeiterverein Bad Gandersheim auf Vorschlag des Vorstandsmitglieds, dem Kreisbauinspektor Friedrich Scholvin, im Jahr 1895 das auf der Gandersheimer Domäne zum Abbruch stehende sogenannte Schütz’sche Haus und baute es im Jahr 1896 am jetzigen Standort Salzwiese 1 wieder auf. Da der Verein zu diesem Zeitpunkt noch kein Korporationsrecht hatte, übernahm Herr Scholvin  vorerst die Verantwortung mit allen Rechten und Pflichten.

In dem Haus wurden seinerzeit vier Arbeiterwohnungen, eine Witwenwohnung, zwei Zimmer für Vereinszwecke, vier Kellerräume und eine gemeinschaftliche Waschküche geschaffen.  Im Laufe der Jahrzehnte sah das Vereinshaus viele weitere Mieter – Bürgerschule (2 Klassenräume), Bezirksberufsschule Bad Gandersheim/Kreiensen, Druckerei, Altersheim (nach Ende des 2. Weltkrieges wurden 52 alte und gebrechliche Frauen und Männer im Haus untergebracht, die durch Luftangriffe auf Hannover und Braunschweig ausgebombt worden), Gasgesellschaft Salzgitter, Lebenshilfe Lamspringe und auch das Versicherungsbüro Röttger.

Heute befindet sich im Vereinshaus der Vereinsraum mit  den sanitären Einrichtungen.

Nicht unerwähnt bleiben darf auch der schöne Vereinsgarten, der letztmalig im Jahr 2013 umfangreich saniert wurde. Hier befindet sich auch die Linde, die zum Gedenken an den Stifter des Vereinshauses, Kreisbauinspektor Scholvin, mit einer Gedenktafel versehen ist.

Anlässlich des 120-jährigen Vereinsjubiläums wird um den Lindenbaum eine Rundbank errichtet, um zum einen allen Mitgliedern entspannte Ruhepausen im Garten zu gönnen aber auch, um an dieses nach unserem Wissen  wohl einmalige Jubiläum auch noch zukünftig erinnert zu werden.

Der Erwerb und der Erhalt unseres Vereinshauses in der Salzwiese 1 ist nach Überzeugung aller der Grundstein für den Fortbestand des Evangelischen Arbeitervereins über Epochen und Jahrhundertwenden hinaus – ermöglichte das Haus doch die Umsetzung des sozialen Gedankens zum Wohle seiner Mitglieder.

Von Beginn an war das Vereinsleben ein wichtiger Bestandteil des Vereins.

Eine zu Beginn der Vereinsgründung  im Jahr 1898 eingerichtete Unterstützungskasse für in Not geratene Mitglieder ist in der heutigen Zeit gottlob entbehrlich. Bereits 1903 wurden monatliche Treffen veranstaltet und kirchliche, soziale und weltanschauliche Themen behandelt. Erfreute man sich damals noch an einem Liederabend mit dem Gesangverein „Liederkranz“, feiern die Mitglieder heute  ihr Oktoberfest mit Musik im „MP3-Format“.

Auch die Wirren der beiden Weltkriege überstand der Verein, wenngleich auch unter schwersten Bedingungen. So sank die Zahl der Mitglieder nach Ende des ersten Weltkrieges auf unter 30 und nur langsam normalisierte sich das Vereinsleben unter Vorsitz des damaligen Pastors Tacke langsam.

Kaum erholt, war das Wirken des Evangelischen Arbeitervereins aufgrund seiner konfessionellen Verbundenheit  den Nazischergen ein Dorn im Auge und der Verein arbeitete im Verborgenen. Zitat aus der Kündigung eines damaligen Mitglieds: „Da es verboten ist Mitglied der Deutschen Arbeitsfront zu sein und gleichzeitig Mitglied eines konfessionellen Arbeitervereins, sehe ich mich gezwungen, meinen Austritt zu erklären.“ 1940 bestand der Verein somit nur noch aus 26 Mitgliedern.

Es spricht für den Verein und seine jeweiligen Vorstände, dass trotz alledem niemals der Glaube an das Wirken verloren ging und sofort nach Kriegsende nahm das Vereinsleben wieder an Fahrt auf.

Weihnachtsfeiern mit Posaunenchor (traditionell im „Prinz Wilhelm“ oder dem Martin-Luther-Haus), Tagesfahrten, Wanderungen und andere Aktivitäten sprachen sich herum und alsbald erreichten die Mitgliederzahlen wieder Kontinuität. Stand 2014: 45 Mitglieder und 8 Witwen

Die regelmäßigen Veranstaltungen festigen  bis heute das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Mitgliedern über Altersgrenzen hinweg.

Innerhalb der Evangelischen Stiftskirchengemeinde fuhren die Mitglieder über Jahrzehnte gehbehinderte Gemeindemitglieder mit dem Kirchenbus zum Gottesdienst, die Damen unseres Vereins betreuen die Senioren während der Seniorennachmittage. Heute beteiligen sich Mitglieder ehrenamtlich an der Organisation des alljährlichen Kuchenbüffets zum Bauernmarkt.

Seit der Feier zum 100-jährigen Jubiläum des Evangelischen Arbeitervereins hat sich erneut viel getan. Nach dem Tod des 1. Vorsitzenden, Klaus Büsselmann, im April 2001 übernahm Dietmar Röttger das Amt des ersten Vorsitzenden. Beide legten großen Wert auf die gemeinsamen Veranstaltungen und trugen mit ihren neuen Ideen ganz wesentlich zum florierenden Vereinsleben bei. Getreu dem Motto „Eigentum verpflichtet“ wurde kontinuierlich  in die Bauunterhaltung unseres Vereinshauses investiert – wie jeder sehen kann  mit Erfolg.

Die Konstanz im Wirken der Vorstände ist und war der Baustein dafür, dass der Evangelische Arbeiterverein bis heute ein aktives Vereinsleben vorweisen kann und somit beruhigt in die Zukunft blicken kann. Dafür gilt es Dank zu sagen an alle Beteiligten und die gerade einmal 9 Vorstandvorsitzenden seit  1894 seien noch einmal namentlich erwähnt:

 

  • Oberlehrer Dr. Quensen                                1894 – 1902

  • Pastor Tacke                                                    1902 – 1921

  • Richard Gieseke                                              1921 – 1930

  • Karl Müller                                                      1931 – 1952

  • Gustav Papenberg                                          1952 – 1970

  • Kurt Selbach                                                    1970 – 1990

  • Klaus Büsselmann                                          1990 – 2001

  • Dietmar Röttger                                             2001 – 2013

  • Ralf Büsselmann                                             seit 2013

 

Weltgeschichte, Formen unseres Zusammenlebens, Technik und Kommunikation haben sich über die Jahrzehnte verändert – die Idee und die Überzeugung, die uns antreibt, nicht! Vielleicht sind gerade in der heutigen hochtechnisierten Zeit unsere regelmäßigen Zusammenkünfte wichtiger denn je. Daher wünschen wir uns allen noch viele schöne Jahre in und um unseren Evangelischen Arbeiterverein e.V.

Zusammen mit Pröpstin Elfriede Knotte  und dem 1. Vorsitzenden des Kirchenvorstands Thomas Gelück würdigte der Evangelische Arbeiterverein sein 120-jähriges Vereinsjubiläum mit einem Festabend im Juni 2014 in der Billerbecker Schinkenscheune.

Kontakt: 

 

Ev. Arbeiterverein e.V.,

 

c/o Ralf Büsselmann

Tel.: 05382/790425 - Handy: 0174/9491092


Vereinsadresse: Salzwiese 1

37581 Bad Gandersheim


Email:

arbeiterverein@t-online.de

 

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